Meine Kinder sind schon seit Tagen ganz aufgeregt, ob das Christkind ihren Wunschzettel gelesen hat und die Wunschgeschenke auch wirklich bringt. Diese erwartungsvolle Anspannung ist auch bei vielen Mitmenschen zu spüren: Kommt jetzt endlich die Corona-Impfung? „Ich werde der erste sein, der sich impfen lässt!“ hört man manchen munkeln.

Jens Spahn hatte jetzt ganz offensichtlich himmlische Fürsprecher bei der EMA, die noch rechtzeitig zum Fest die Zulassung für die Corona-Impfung von Biontech/Pfizer erteilte. Sehr verdächtig als Fürsprecherin ist hier natürlich die Hl. Corona, allerdings verstieg sich zu Beginn der Adventszeit eine Redakteurin der Funke-Mediengruppe sogar zu dem Tweet „Jesus hätte sich impfen lassen!“ (hier) Impfempfehlung gleich direkt vom Chef? Was wäre das für eine Erlösung: Corona-Impfung unter dem Weihnachtsbaum, obwohl die entscheidendere Erlösung der Menschheit doch eigentlich am Ostersonntag geschehen ist, und das schon vor knapp 2000 Jahren?!

Nun, unter diesen Eindrücken der vorweihnachtlichen Erwartungsspannung haben zwei Kollegen und ich einen Brief mit 12 Fragen an den Ärztlichen Kreisverband, die Versorgungsärzte und die Gesundheitsämter von Ingolstadt und Umgebung geschickt (hier nachzulesen). Wir wollten an sich nur mal wissen, wie die offiziellen Stellen so ticken und was sie zu den vielen ungeklärten Fragen rund um die Impfung sagen.

Was nun als Antwort kam (hier) und was die regionale Presse nun an die Bevölkerung vermittelt (hier), lässt tief blicken: Auf ernstgemeinte und besorgte Fragen hinsichtlich der Verantwortung für unsere Patienten kommt eine Mischung von in Andeutungen gepackte Überheblichkeit und Ausweichen bei kritischen Punkten. Der Kollege (übrigens der gleiche, der sich als Lungenfacharzt damit brüstet, nur ein einziges Befreiungsattest von der Maskenpflicht ausgestellt zu haben) versteckt sich bei der Frage nach der Wirksamkeit und den Nebenwirkungen brav hinter den Fachgesellschaften und Statistikern, die das zu be- und verantworten hätten. Überhaupt scheint die Frage nach der persönlichen Verantwortung zu unangenehm gewesen zu sein, wenn sie ganz bewusst nicht beantwortet wird.

Was als Schlusswort dann noch breit in der Presse verbreitet wird, zeugt letztlich noch von der Urangst des Mediziners, er könne durch Unterlassen etwas falsch machen. Dabei wäre die wichtigere Frage nach meinem Empfinden: welches aktive Handeln ist sinnvoll und richtig. Denn der Grundsatz „primum nil nocere – zuerst nicht schaden“ ist seit Jahrtausenden die Prämisse ärztlichen Handelns.

Vielleicht unterscheidet das aber auch Ärzte von Medizinern und Funktionären!

– von Dr. Heinz Gärber